Eine Blühwiese im Garten ohne Pestizide

Gärten ohne Pestizide

Wer im Kleingarten auf Schadinsekten und Unkraut stößt, kann die Situation auch ohne Pestizide unter Kontrolle bringen. Bei der Auftaktveranstaltung „Kleingärten für biologische Vielfalt“ am 25.04.2024  gab die Pestizid-Expertin Corinna Hölzel einen Überblick über die Risiken, die Pestizide für die biologische Vielfalt insgesamt darstellen. Außerdem zeigte sie auf, wie man sie im Garten ganz weglassen kann. 

Welche Gefahren gehen von Pestiziden aus und wie kann man sie vermeiden?

Text: Corinna Hölzel, Referentin Pestizidpolitik beim BUND e.V.

Wir erleben einen dramatischen Verlust an Insektenarten- und -individuenzahlen. Untersuchungen zu Fluginsekten in 63 deutschen Schutzgebieten von 1989 – 2016 belegen 76 Prozent weniger Fluginsekten-Biomasse1. In Deutschland sind über die Hälfte der Wildbienen in ihrem Bestand gefährdet. Die Ursachen für den Rückgang der biologischen Vielfalt sind vor allem der Verlust von Lebensräumen und der hohe Einsatz von Pestiziden.
Insekten sind jedoch die Grundlage für unser Ökosystem. Sie bestäuben unsere Nahrungspflanzen, sind Nahrung für Vögel, Fische und Kleinsäuger und essenziell für die Bodenfruchtbarkeit. In Folge der intensiven Landwirtschaft hat die Vogelpopulation der Agrarlandschaft in 40 Jahren um 40 Prozent abgenommen2.

Gefahren durch Pestizide

Als Pestizide versteht man:

  • Herbizide gegen Beikräuter
  • Insektizide gegen Schadinsekten
  • Fungizide gegen Pilzkrankheiten

Pestizide sind gemacht, um Organismen zu schädigen und zu töten. Sie verursachen dabei auch Kollateralschäden. So vernichten z.B. Insektizide nicht nur Schadinsekten sondern auch Nützlinge. Pestizide sind zum Teil wasserlöslich, persistent und bioakkumulierend, dadurch reichern sie sich in Tieren, Pflanzen und der Umwelt an und sind so über Jahre präsent.

Pestizide haben direkte und indirekte Effekte:

  • Direkt: Schädigung durch Mittel selbst führt zum Tod oder zu subletalen (d.h. stark beeinträchtigenden) Effekten z.B. Störung von Orientierung, Fortpflanzung, Immunsystem
  • Indirekt: Vernichtung des Lebensraums z.B., wenn durch Totalherbizide wie Glyphosat alle Ackerwildkräuter verschwinden. Die Ackerbegleitflora zählt deshalb zu den am stärksten gefährdeten Artengruppen in Europa.
Mauerbienen in Gärten ohne Pestizide

Pestizide im Garten sind auch für Mauerbienen eine Gefahr, Foto: Dominik Linhard

Pestizideinsatz in Gärten

Hobbygärtner*innen kaufen rund 5.400 Tonnen Pestizide jährlich, vorrangig Herbizide (2.700 t), gefolgt von Insektiziden (930 t) und Fungiziden (190 t) und sonstige Mittel (1.500 t). Darunter sind viele hoch gefährliche Wirkstoffe, unter anderem Deltamethrin und Lambda-Cyhalothrin. Beide Insektizide sind hoch bienengefährlich.

Leider sind bei nichtgeschulten Anwender*innen Fehlanwendung eher die Regel als die Ausnahme3. So werden Pflanzenkrankheiten oder Schadinsekten nicht korrekt bestimmt, Dosierungen nicht beachtet oder Reste über die Kanalisation entsorgt. Der unkontrollierte und ungeschulte Einsatz von Pestiziden in Haus- und Kleingärten ist eine Gefahr für Umwelt, Biodiversität und Gesundheit (besonders für Kinder, Schwangere, Senior*innen) und auch für Haustiere. Der BUND fordert deshalb ein Verbot chemisch-synthetischer Pestizide für Haus- und Kleingärten. Im Gegensatz zu Privatgärten ist der Herbizideinsatz in Kleingartenanlagen oft per Gartenordnung verboten. Verbände und Vereine und die über alle Ebenen organisierte Fachberatung des Kleingartenwesens setzen sich seit Jahren für ökologische Alternativen im Kleingarten ein.

In der Wiese und am Zaun dürfen Pflanzen blühen, Foto: Corinna Hölzel

Alternative: Naturnah Gärtnern

Klein- und Privatgärten haben ein großes Potential für die Biodiversität, vorausgesetzt, sie werden naturnah bewirtschaftet. Das heißt, natürliche Kreisläufe zu nutzen und Gärtnern im Einklang mit der Natur zu verstehen.

Konkrete Kriterien für naturnahes Gärtnern sind:

  • Keine chemisch-synthetischen Pestizide
  • Kein Mineraldünger
  • Kein Torf
  • Pflanzung von heimischen Wildstauden und Blühwiesen
  • Hohe Strukturvielfalt
  • Ressourcenschonung: Möglichst kein Plastik einsetzen, Entsiegeln, Recycling, Wasser sparen

Die Alternativen zu Pestiziden sind zahlreich: Jäten und Hacken ersetzt die Herbizide. Mit Mischkulturen, Fruchtfolgen und der Wahl robuster Sorten können Schadinsekten abgehalten werden. Pflanzenjauchen zum Beispiel aus Brennnessel stärken die Abwehrkräfte der Kulturpflanzen. Und wer vielfältigen Lebensraum für Nützlinge schafft, hat die natürliche Bekämpfung schon im Garten.

Ein wichtiger Grundsatz im Garten sollte sein: Weniger tun und mehr lassen. So sollte der Rasenmäher nicht permanent im Einsatz sein, stattdessen sollten Wildkräuter im Rasen blühen dürfen, denn sie bieten bestäubenden Insekten Pollen und Nektar. Ein Kräuterrasen ist auch weniger anfällig für Trockenheit und muss nicht gegossen werden.

Video-Aufzeichnung von Corinna Hölzel

Weiterführende Infos

Der BUND hat zum Thema ökologischer Pflanzenschutz eine Broschüre veröffentlicht, die Sie hier herunterladen und bestellen können.

Kontakt
www.bund.net/Garten
Corinna Hölzel: Corinna.Hoelzel@bund.net

Das sagt der BKD zum Pflanzenschutz

„Wir verzichten gern auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel! Unsere Vereinsstrukturen mit dem Konzept der Fachberatung minimieren den Einsatz ohnehin. Der Einsatz von biologischen oder low risk Produkten zum Schutz der Ernte sollten aber als letzte Möglichkeit bestehen bleiben. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass eine gute Kulturführung, ein gesunder Boden und der „Grüne Daumen“ für uns immer wichtiger werden und der Einsatz von PSM im Kleingarten somit unnötig wird.“

Der Bundesfachberater des BKD, Thomas Kleinworth, in seiner Präsentation vor dem Forum zum Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Der Bundesverband der Kleingartenvereine Deutschlands geht in seinem Positionspapier „Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von Kleingärten“ darauf ein, was integrierter Pflanzenschutz im Kleingarten bedeutet.

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