Online Bildungs- und Vernetzungsreihe
Ökologische Gartenordnung für den Kleingartenverein
Im biodiversitätsfreundlichen Kleingarten wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel verzichtet und stattdessen im Einklang mit den natürlichen Kreisläufen gegärtnert. Naturnahe Gartenstrukturen schaffen Lebensraum für Nützlinge und Bestäuber. Frisches, unbehandeltes Obst und Gemüse ist die Belohnung.
Beim sechsten Online-Bildungs- und Vernetzungstreffen am 04.06.2025 stellte Michael Schneider die ökologische Gartenordnung der KGA Lebensfreude in Berlin Tempelhof vor. Wie schafft es der Verein, möglichst viele Pächterinnen und Pächter davon zu überzeugen, ihre Kleingärten ökologisch zu bewirtschaften?
Vom ökologischen Gärtnern überzeugen
Text: Michael Schneider, 1. Vorsitzender der Kolonie Lebensfreude e.V. in Berlin-Tempelhof
Die Kolonie Lebensfreude hat 101 Parzellen. Wir haben 2019 unser 100-jähriges Bestehen gefeiert. Einen sehr großen Wert legen wir auf die Einhaltung des Bundeskleingartengesetzes wie es in den Pachtverträgen von jedem Pächter bestätigt ist, mit mindestens einem Drittel Obst und Gemüse für den Eigenbedarf. Mit unserer Gartenordnung sollen keine reinen Naturgärten geschaffen, sondern die kleingärtnerische Nutzung im Einklang mit Natur und Umwelt umgesetzt werden.
Warum haben wir uns eine ökologische Gartenordnung geschaffen?
Jeder der einen Kleingarten hat, ist privilegiert, denn er kann ein Stück Land für wenig Geld bewirtschaften, welches anderen nicht zur Verfügung steht. Deshalb sind diese Flächen auch begehrte Spekulationsobjekte für sogenannte Investoren.
Es genügt heute nicht mehr für Besucherinnen und Besucher von Kleingartenanlagen bei Spaziergängen ein schönes Bild zu zeigen, sondern es muss auch ein Nutzen für die Gesellschaft generiert werden, der spürbar ist, und nicht allein von der öffentlichen Hand geleistet werden kann.
Wir können diesen zusätzlichen Nutzen bieten, indem wir das Positionspapier des BKD zur ökologischen Aufwertung von Kleingärten konsequent umsetzen. Nur wir Kleingärtner verfügen bei einer durchschnittlichen Parzellengröße von 400 qm, die meist von zwei Gärtnerinnen und Gärtnern bewirtschaftet wird, und naturnah gestaltet ist über eine wesentlich höhere Biodiversität, als dies Parkanlagen leisten können.
Was sind die wichtigsten Regelungen?
Es gibt sechs Kriterien, die von jedem zu erfüllen sind, wie der Verzicht auf Pestizide, Durchgänge für den Igel und eine Kompostanlage. Und es gibt optionale Elemente, von denen jeder Garten mindestens drei haben sollte.
Die kompletten Regelungen finden Sie hier als PDF zum Download.
Wie überzeugen wir unsere Pächterinnen und Pächter?
Wir haben unser Konzept, und die Notwendigkeit vorbereitend auf einer vorausgegangenen Vereinsversammlung vorgestellt. Die Notwendigkeit etwas für die Umwelt zu tun, und damit auch gleichzeitig einen Nutzen für die Gesellschaft zu generieren, in der Verbindung zur Bestandssicherung unserer Kolonie, führte letztendlich zu einem positiven Beschluss der Gartenordnung. Unterstützt in der Umsetzung werden die Pächterinnen und Pächter durch unsere Fachberaterin und die Gartenkommission. Diese ist durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag vom Verein beauftragt, sich um die Begleitung der Pächterinnen und Pächter bei der Umsetzung der Gartenordnung zu kümmern. Sie besteht aus 12 Mitgliedern und teilt sich in fünf 2er-Teams auf, die sich je Team um 20 Gärten kümmern. Zwei Mitglieder der Gartenkommission sind als Springer vorgesehen. Auch beim Vorstellungsgespräch von neuen Bewerberinnen und Bewerben legen wir einen großen Wert auf die Darstellung der kleingärtnerischen Bewirtschaftung und unserer Gartenordnung und die weitere Begleitung durch die Gartenkommission.
Auszeichnung für ökologische Gärten
Zudem haben wir Erfassungs- und Auswertungsbögen entwickelt, mit dem jeder seine Parzelle selbst bewerten kann, ob die kleingärtnerische Nutzung und die Umsetzung der Gartenordnung erfolgt ist.
Sind alle Kriterien auf dem Erfassungsbogen erfüll, bekommt der Garten an der Eingangspforte ein Schild, auf dem die „kleingärtnerische Bewirtschaftung im Einklang mit Natur und Umwelt“ bescheinigt wird. Damit wird eine gute Außenwirkung erzeugt und ein positiver Ansporn gegeben.
Den Bogen finden Sie hier als PDF zum Download
Gemeinschaftsprojekte zur Anschauung
Vereinsprojekte, die auf den Gemeinschaftsflächen als Anschauungsobjekte umgesetzt werden:
- Ein 100 Meter langer Wildgräser/Wildblumenstreifen
- Ein großes Insektenhotel
- Nistkästen für Vögel und Schlafkasten für Fledermäuse
- Wildblumeninseln auf dem Vereinsplatz
- Eine Bank zum Ausruhen auf einem Vereinsweg, hinter der sich ein Kräuterduftbereich befindet
- Regelmäßige Pflanzenbörsen
Ständige Aufklärungsarbeit ist der Schlüssel
Von 0 auf 100 ist das natürlich nicht zu schaffen, da es immer wieder individuelle Vorstellungen zur eigenen Gartengestaltung gibt. Hier hilft nur Aufklärung und Information. Es muss ein Verständnis für die ökologischen Zusammenhänge vermittelt werden, und den Nutzen, den alle davon haben.
Zum Beispiel: Keine „Wilde Ecke“ = Keine Raupen = Keine Falter = Keine Nahrung für die Aufzucht der Singvögel = Weniger Singvögel.
Mit Hilfe der Gartenkommission und ständiger Aufklärung konnten schon über 50% unserer Gärten ein Schild an der Gartenpforte erhalten, und der Rest ist auf einem guten Weg dahin.
Wir können nur allen, die dieses Konzept auch durchführen möchten, raten, hier erst viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten, und alle Schritte durch die Mitglieder bestätigen zu lassen.
Wir haben nur diese eine Welt, und auch jeder noch so kleine Beitrag diese zu schützen zählt!
Weiterführende Infos
- Artikel über die KGA Lebensfreude im Berliner Gartenfreund: „Gemeinsam für naturnahe Kleingärten“
- Positionspapier: Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von Kleingärten
Beispiele für Gartenordnungen mit ökologischen Kriterien
- Gartenordnung KGA Lebensfreude Berlin-Tempelhof
- Gartenordnung des Stadtverbandes Dortmund
- Gartenordnung der Stadt Köln
- Gartenordnung des Landesverbandes der Gartenfreunde Bremen e.V. (in acht Sprachen)