Ökologische Zusammenhänge anschaulich vermitteln
Was tun, wenn der eigene Garten schon ein kleines Artenschutzgebiet ist voller Blumen, Insekten und wilder Tiere – aber nur eine grüne Insel im Meer der getrimmten Rasenflächen, Kirschlorbeerhecken und laubgesaugter Heckensäume? Kooperation ist hier besser als Konfrontation, denn oft sind es nur unterschiedliche Herangehensweisen ans Gärtnern.
In dem zweiten Teil Ihres Vortrags „Nahrungsnetze für Artenvielfalt“ gab Sigrid Tinz praktische Tipps zur Wissensvermittlung:
So können wir andere überzeugen, für mehr Biodiversität und mehr Miteinander
Text: Sigrid Tinz, Geoökologin und Gartenbuchautorin
Konkret um Hilfe bitten:
„Wir haben Igel im Garten, in der Anlage. Die brauchen Schlafplätze. Bitte Laub, Äste und Wildnis belassen für den Winterschlaf. Und auch Durchlässe im Zaun.“
Bei allen, die sich so gar nicht darauf einlassen können, wilde Ecken stehen und Laub liegen zu lassen, um ein bisschen Blattwerk bitten: „Was euch zu viel ist, könnten andere noch gut gebrauchen.“
Miteinander zu mehr Natur:
Die wenigsten „Gärtner des Grauens“ machen es aus böser Absicht und Hass auf Igel, das Laub wegzuräumen. Sondern weil sie es nicht besser wissen, aus alter Gewohnheit und weil sie keine Alternativen kennen. Geschotterte Wege abzuflämmen, statt Säume wachsen zu lassen, gilt als pflegeleicht und praktisch.
Hier kann es helfen mal nachfragen, warum jemand seinen Garten so gestaltet hat und so „pflegt“: Soll es ordentlich und pflegeleicht sein? Gefällt es ihm? Hat er Angst, dass die Nachbarn sich beschweren? Was fände er denn schön? Vielleicht braucht er – oder sie – einfach nur Ideen und Hilfe.
Gutes Vorbild sein:
Grundsätzlich ist es besser, statt guter Ratschläge oder Kritik, positiv formulierte Ideen anzubieten. Statt zu sagen „Englischer Rasen ist eh doof“, wie wäre es mit„Mäh doch seltener, dann vertrocknet es nicht so schnell. Bei uns ist noch alles grün.“ Einladungen zum Kaffeetrinken sind auch eine Möglichkeit, am besten dann, wenn jede Pflasterfuge blüht voller Mohn, Akelei, Stockrosen und Fingerhut. Wenn die Schmetterlinge tanzen und sich eine Familie Distelfinken an den fluffigen Distelsamen den Bauch vollschlägt, ist das die beste Werbung für vermeintliches Unkraut. Diesen Sympathieträgern kann sich kaum jemand entziehen.
Auch gut: In der Kolonie Gemeinschaftsflächen biodiversitätsfreundlich gestalten und Informationstafeln anbringen. So zeigt man warum es so gemacht wird und gibt Anregung wie Parzellen das nachahmen können.
Geschenke:
Je nachdem wie eng man mit den Garten-Nachbarn ist: Wer fünf Vogelnistkästen, einen Sack voll Winterfutter und den Gutschein zum Aufhängen bekommt, hat keine Ausreden mehr. Und beim nächsten Geburtstag gibt es dann ein Pflanzpaket Vogelschutzgehölze. Oder: die Nachbarn bekommen einen Gutschein für einen Sensenkurs.
Öffentlichkeitswirksam Naturgärtnern:
Wenn andere und vor allem „offizielle“ Stellen gut finden, was wir machen, dann können auch die Nachbarn es unter einem anderen Blickwinkel sehen. Dazu gehören Social-Media-Aktionen wie #MähfreierMai oder die Zählaktion des Nabu (Stunde der Gartenvögel, Insektensommer), Tag der offenen Gärten.
Oder: man stellt seinen Garten für Veranstaltungen zur Verfügung, vom Fotokurs der Volkshochschule bis zum Workshop zum Vogelhäuschen bauen mit der Kita.
Kleine Schilder am Zaun machen klar, dass nicht einfach Kraut und Rüben herrscht, sondern planvoller Naturschutz betrieben wird. Ein Schild mit der Aufschrift. „Hier wohnt Igelmama Ilse“ steht dann vor dem Haufen Laub in der Hecke; „Achtung, hier futtern Schmetterlingskinder“ heißt es neben den Brennnesseln, und in den bunt geblümten Vorgarten kommt ein Schild mit „Bitte nicht betreten, das werden Blühflächen für Majas wilde Schwestern“. Bei verschiedenen Garten- und Umweltverbänden kann man sich auch kostenlos mit Material versorgen: Aufkleber, Flyer, Schilder, zum Bestellen oder als Download; auch die jeweilige Gemeinde macht vielleicht etwas Eigenes, möchte Insektenhauptstadt werden oder verteilt Samenmischungen und Plaketten. All das markiert den eigenen Naturgarten und das eigene Handeln als offiziell richtig.
Wettbewerbe:
Einige Organisationen veranstalten auch Wettbewerbe oder das Vergeben einer Auszeichnung für bestimmte Kriterien, zum Beispiel www.tausende-gaerten.de oder www.wir-tun-was-fuer-bienen.de, kann einige Vorteile bringen. Man wird prämiert, dann kommt die örtliche Presse. Dann wird vielleicht auch der argwöhnischste Mitgärtner neugierig.
Wer Igel retten will, muss nett zu Blattläusen sein
Weiterführende Infos
Gartenbücher, Seminare, Arten-Sprechstunde und Newsletter von Sigrid Tinz unter:
https://www.krautundbuecher.de