Blattschneiderbiene im Kleingarten

Fünf verschiedene Typen von Gärtnerinnen und Gärtnern erreichen

So vielfältig die Menschen sind, so vielfältig sind ihre Gärten. Wenn wir sie dafür gewinnen wollen, die biologische Vielfalt im Kleingarten zu schützen, sollten wir zuerst ihre Vorstellungen vom Gärtnern kennenlernen. Wie das gelingen kann, stellte Melina Stein beim Online-Bildungs- und Vernetzungstreffen am 17.04.2024 vor. Sie ist Teil eines Teams am Institut für sozial-ökologische Forschung, das untersucht hat, welche Gartentypen es gibt und wie sie für insektenfreundliches Gärtnern sensibilisiert werden können.

Der Garten, die Insekten und wir

Text: Melina Stein, wissenschaftliche Mitarbeiterin, ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung
Titelbild: Tobias Bode

Das Projekt SLInBio

Im Projekt „SLInBio: Städtische Lebensstile und die Inwertsetzung von Biodiversität: Libellen, Heuschrecken, Hummeln und Co.“ untersuchen wir, wie die Wertschätzung von Insekten erhöht werden kann und welchen Beitrag Städte zum Erhalt der Insektendiversität leisten können. Teil des Projekts ist die sozialwissenschaftliche Untersuchung und Entwicklung von unterschiedlichen Gärtner*innentypen, die Hinweise für die Ansprache von Gärtner*innen für insektenfreundliches Gärtnern geben.

Welche Gärtner*innentypen lassen sich unterscheiden?

• Die Lebensraumschaffer*innen haben einen sehr ausgeprägten Naturbezug, der sich auch im eigenen Garten widerspiegelt: Hauptmotiv der Gartengestaltung ist die Schaffung vielfältiger Lebensräume für Insekten und andere Tiere.

• Die ordnungsliebenden Gärtner*innen mögen es gepflegt und ordentlich, wofür auch mal Pflanzenschutzmittel verwendet werden.

• Die Ertragsgärtner*innen pflanzen in ihrem Garten hauptsächlich Obst und Gemüse an. Die Gartenarbeit ist arbeits- und zeitintensiv, wird aber durch die Ernte entschädigt.

• Die Gartendesigner*innen legen großen Wert auf ästhetisches Gestalten und Designen des Gartens. Die Gärten sind oft aufwendig gestaltet und in unterschiedliche Bereiche und Zonen unterteilt.

• Die naturverbundenen Familiengärtner*innen haben einen Garten, der vielfältige Bedürfnisse abdeckt: Er ist ein Ort, an dem Kinder etwas über die Natur, über Insekten und den Anbau von Obst und Gemüse lernen und sich gleichzeitig frei und sicher bewegen können.

 

Gibt es unterschiedliche Typen in Haus- und Kleingärten?

Für die Studie wurden 30 qualitative Interviews mit Gärtner*innen in Frankfurt am Main zur Hälfte mit Kleingärtner*innen und Hausgartenbesitzenden durchgeführt. Kleingärtner*innen sind in fast allen Gärtner*innentypen vertreten. Lediglich der Typ Gartendesigner*innen besteht ausschließlich aus Hausgartenbesitzenden.

Wie können die unterschiedlichen Gärtner*innentypen angesprochen und für insektenfreundliches Gärtnern begeistert werden?

Die Gärtner*innentypen geben Einblick in die Diversität der Rollen, die insektenfreundliches Gärtnern im Alltag von Gärtner*innen spielt. In der Ansprache zur Förderung der urbanen Insektendiversität gilt es, diese Diversität zu beachten:

  • Lebensraumschaffer*innen tragen durch die naturnahe Gestaltung ihres Gartens zum Insektenschutz in der Stadt bei. Das sollte gefördert werden. Kleingartenvereine könnten Lebensraumschaffer*innen als Expert*innen und Ansprechpartner*innen für insektenfreundliches Gärtnern gewinnen. Ihre Gärten könnten als Anschauungsobjekte und Lernräume für Insektenschutz genutzt werden. Wissensaustausch mit anderen Gärtner*innen sollte unterstützt werden. Dabei geht es auch um den Austausch praktischer Kompetenzen des insektenfreundlichen Gärtnerns. Durch ihr naturnahes Gärtnern sind Lebensraumschaffer*innen häufig in Konflikte mit Nachbar*innen oder Kleingartenvereinen involviert. Dialogformate zur Konfliktbearbeitung können hier helfen.

  • Ordnungsliebende Gärtner*innen achten auf Ordnung und Kontrolle und sind vergleichsweise kritisch gegenüber Insekten. Dieser Abwehrhaltung kann durch Betonen der Nützlichkeit von Insekten entgegengewirkt werden. Tipps für einfache, pflegeleichte Möglichkeiten des Insektenschutzes und der umweltfreundlicheren Schädlingsbekämpfung sollten aufgezeigt werden. Kleingartenvereine und Gartencenter bieten sich als Kommunikationskanäle und Multiplikatoren an. Kleingartenvereine sind für diesen Typ ein wichtiger Ort des Austauschs zum Gärtnern. Sie können Regeln vorgeben, Wissen verbreiten und für ökologischere Praktiken sensibilisieren.

  • Für Ertragsgärtner*innen sind die Gärten vor allem ein Ort des Obst- und Gemüseanbaus. Sie haben Lust auf Gärtnern und sind für Insekten zu begeistern, solange sie den Ertrag nicht gefährden. Insekten sollten dabei als fleißige Helfer im Garten in den Fokus gerückt werden und Vorteile und Möglichkeiten von wilden Bereichen als extensiv gemanagte Naturräume kommuniziert werden. Außerdem bieten Wildkräuter die Möglichkeit, insektenfreundlich zu bepflanzen und gleichzeitig die Ernte des Gartens zu bereichern. Über Workshops kann gelernt werden, wie Wildkräuter verarbeitet werden.

  • Gartendesigner*innen setzen auf Design und ästhetisch anspruchsvolle Gärten. Insektenfreundliche Gärten als Trend zu kommunizieren, schafft Spielräume für Insektenschutz. Wissensvermittlung sollte auf zwei Ebenen abzielen: Dem (ökologischen) Nutzen von Insekten und den Möglichkeiten insektenfreundlicher Gartengestaltung. Es gilt also, Bewusstsein für Insekten zu schaffen, aber dabei immer auch konkrete Bezüge zur Gartengestaltung herzustellen. Gartenschauen und Gartenmagazine, aber auch Social-Media-Kanäle sind wichtige Kommunikationswege, um den Trend zum insektenfreundlichen Gärtnern noch weiter aus der Öko-Nische zu holen.

  • Naturverbundene Familiengärtner*innen zeichnet aus, dass sie Lernerlebnisse in ihrem Garten ermöglichen wollen. Bei der Wissensvermittlung sollte der Fokus auf praktische Fähigkeiten des insektenfreundlichen Gärtnerns gelegt werden. Familiengärtner*innen können Angst vor Insekten haben. Hier ist eine differenzierte Kommunikation über mögliche Gefahren und richtige Verhaltensweisen gegenüber Insekten sinnvoll. Kinder können über Schulgärten, Veranstaltungen und Mitmach-Angebote für Insekten begeistert werden.

Weitere Informationen

Stein, Melina/Lukas Sattlegger/Johanna Freudenberg (2023): Insektenfreundliches Gärtnern bei verschiedenen Typen von Gärtner*innen. Eine sozialwissenschaftliche und linguistische Analyse. ISOE-Materialien Soziale Ökologie, 73. Frankfurt am Main: ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung: https://isoe-publikationen.de/fileadmin/redaktion/ISOE-Reihen/msoe/msoe-73-isoe-2023.pdf

Auf der Projektwebseite finden Sie mehr Informationen zu Aktionen in Frankfurt am Main, Materialien und zur Forschung https://www.insektenvielfalt-frankfurt.org

Kontakt:
Milena Stein: melina.stein@isoe.de

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